Route de Kasbahs
Route de Kasbahs

Route de Kasbahs

Vom Tafraoute im Anti-Atlas kommend wählen wir den Weg zurück ins Landesinnere, da an der Küste derzeit bewölktes Wetter vorherrscht und wir die angedachte Route kurzfristig umplanen. Es fehlen uns doch noch so einige Kasbahs für die Marokko so bekannt ist und so wird der westliche Teil der Route de Kasbahs* über Agdz und Telouet, nördlich von Zagora gelegen, das neue Ziel für die kommende Woche. Über den Tizi ’n Tichka geht’s dann zurück nach Marrakesch, von wo die Reise in den Südwesten des Landes begann.

* Dieser westliche Teil der Route de Kasbahs beginnt in Talouine, führt nach Agdz und von dort vorbei an Ouarzarzate bis nach Teloute.

Ein leeres, baumloses Land in Sepia erwartet uns als wir Tafraoute in Richtung Agdz verlassen. Kein Baum, kein Gras oder gar ein Strauch belebt die Landschaft. Eine endlos erscheinende, kurvenreiche Straße schlängelt sich um jeden Hügel und zieht sich knapp 200 Kilometer durch diese leere Gegend, bis es wieder Bewuchs, Strom und dörfliches Leben gibt als Talouline an der Nationalstraße N10 erreicht ist. Von hier bis Agdz lässt die gut ausgebaute Straße uns, im Gegensatz zum Vortag, flott vorankommen.

Frühmorgens sind viele Frauen, die Futter für die Stalltiere nach Hause bringen, auf den Straßen unterwegs. Die kleinen LKWs sind wie seit ewigen Zeiten hoch mit Matratzen, Decken und Teppichen beladen. Ziegen und Schafe suchen mühsam zwischen den Steinen und Felsen der Hamada nach spärlichem Futter.

Nur wenige Brunnen sieht man in den entlegenen Gegenden, die es den Nomaden ermöglichen ihre Tiere mit den so notwendigen Wasser zu versorgen. Auch frei umherziehende Dromedare gibt es kaum noch, seit die Dromedar-Karawanen von motorisierten Trucks abgelöst wurden.

Immer wieder trifft man auf Ansiedlungen die einen hinfälligen Eindruck erwecken, aber nach wie vor bewohnt sind.

Alte Kasbah in Agdz

Noch bevor wir die Kasbah der Caids, nahe Agdz auf sandiger Piste erreichen, stehen die Reste einer der zahlreichen verfallenen Lehmburgen zwischen Palmen und warten auf die Fortsetzung der begonnen Restaurierung. Die Größe als auch die Höhe der mehrstöckigen Lehmanlagen ist durchaus beeindruckend. Decken wurden mittels Palmstämmen und dazwischenliegendem Rohrgeflecht, welches wiederum mit Lehm vermengt wird, eingezogen. Ansonsten ähnelt der Lehmbau in gewisser Weise dem Betonbau, d.h. für die Wände wird zwischen Schaltafeln Lehm mit Stroh vermischt und mit breiten Stampfhölzern verdichtet. So wachst das Bauwerk langsam aber stetig in die Höhe und bietet am Ende ein gesundes Raumklima.

Kasbah des Caids

Die 170 Jahre alte Kasbah gehört der einflussreichen Familie Caids, in deren Besitz auch die Kasbah Caid Ali am Camping de Palmerie ist. Nach wie vor wird sie von den Nachfahren bewohnt und bewirtschaftet. Wie alle Kasbahs und und Ksars, das sind die Wohnviertel der Bauern, ist sie aus Stampflehm errichtet der unglücklicherweise nicht wetterbeständig ist und es einer ständigen Erneuerung bzw. Reparatur zum Erhalt der Mauern bedarf. Imposant sind die meist dreigeschossigen Bauten allemal.

Zwei Großfamilien teilen sich die beiden Kasbahs der Caids, die zwar durch verwinkelte Gänge miteinander verbunden sind, aber für die jeweils ein eigener Eintritt zu bezahlen ist. Nervige Guides fangen einen bereits vor dem Zufahrtstor ab um sich das Geschäft der Führung zu sichern. Ein Umstand den ich gar nicht mag, wenn mich ein aufgeregter Wächter bereits zu textet bevor ich das Auto parken konnte und ausgestiegen bin.

Bevor es in die größere der beiden Kasbahs geht verabschiedet sich unser Führer und kaum haben wir das beeindruckende Gebäude nebenan betreten, empfängt uns freundlich ein neuer Guide, schaltet Licht in den dunklen Gängen an und macht uns auf den fälligen Eintrittspreis aufmerksam. Das wars auch schon mit der so genannten Führung, etwas Information über Alter und ein paar Details zur Kasbah wären nett gewesen. Vermutlich sind die Englischkenntnisse der Guides dafür zu gering, wie auch unser Französisch.

Erst von der Dachterrasse aus lässt sich die Größe der Oase richtig einschätzen. Was in früheren Jahren ein sicheres Einkommen darstellte, lässt die Abhängigkeit der Dattelernte vom spärlichen Regen nun zu einem jährlichen Glückspiel werden.

In dem neben der Kasbah liegenden Dorf, dem Ksar, sind die Häuser weniger gut erhalten. Hier befindet sich zwar das für Touristen renovierte Hotel, aber die Mehrzahl der Gebäude hinterlassen einen eher wenig guten baulichen Eindruck.

Camping de Palmerie und Kasbah Caid Ali

Der Campingplatz gehört zur 150 jährigen Kasbah Caid Ali etwas nordwestlich von Agdz und sollte die Renovierungskosten für die Kasbah erwirtschaften. Sie wurde 2003 von der privaten Organisation Lehmexpress und der Universität von Weimar teilweise restauriert. An die untere Kasbah anschließend, aber etwas höher auf dem Fels liegt eine weitere, 250 Jahre alte Kasbah, die ordentlich renoviert wurde und nun Zimmer im Riad zur Vermietung anbietet. Beide Lehmburgen gehören der Familie Ait el Qaid deren 200 Mitglieder des Familienclans bis 1950 dort lebten.

Bei einer Führung durch die Kasbah Caid Ali stellt sich doch ein ganz anderer Stil der Burg als bei den vorher besuchten Kasbahs heraus. Die Lehmwände sind nach außen gleich aber die Innenräume wurden hier mit Kalk verputzt und teilweise, wie auch die Decken, bemalt. Auch Holztüren und die vergitterten Fenster sind in einer ganz anderen Art hergestellt. Die bröckeligen Lehmstufen der Treppen hingegen sind in der üblichen Bauweise errichtet.

Die Sanitäranlagen des Campingplatzes sind zwar jüngeren Datums als die Lehmburgen nebenan, jedoch kennen wir sie in deutlich besserem Zustand. Dafür wurde ein Pool, der aus ersichtlichen Gründen seit Jahren ohne Wasser ist, sowie ein mehrstöckiges Hotel mit verspiegelten Fenstern gebaut. Das passt ja wie die Faust aufs Auge neben den beiden großen, mehrere Hundert Jahre alten Kasbahs. Selbst wenn es Bauvorgaben, die solche Bausünden verhindern sollten, gäbe, gibt es vermutlich noch mehr Schlupflöcher um diese zu unterlaufen.

Viele der Palmen haben unter dem enormen Wassermangel der letzten Jahre extrem gelitten. Der Regen im vergangenen Oktober und von Januar bis März diesen Jahres sorgt, laut Aussage des Besitzers, dafür dass die Palmen neu austreiben und die Schönheit der Oase wieder hergestellt wird. Wollen wir’s hoffen, dass es so kommt. Der Regen, der den Palmen und dem Gemüseanbau fehlt, ist gut für die Lehmbauten, sofern sie nicht bereits irreparabel in sich zusammengefallen sind. Die Wohnviertel die sich neben den Kasbahs auftürmen, sind mehr oder weniger dem Verfall preisgegeben. Sie sind soweit es möglich ist noch bewohnt und an einigen Stellen werden sogar inmitten der Ruinen wieder neue Wohnungen, nun aber mit Hohlblocksteinen, errichtet.

Tizi ’n Tinififft

Zeitig am Morgen brechen wir auf, denn weniger als 40 Kilometer von Agdz entfernt ist der 1660 Meter hohe Tizi ’n Tinififft. Von hier oben bietet sich ein großartiges Panorama auf das grüne Draa Tal inmitten einer braunen Berglandschaft. In dieser canyonartigen Landschaft zwängt sich der Oued Draa durch die aufgeschichteten Wüstenberge. Nur dort wo Wasser fließt oder sich in unterirdischen Wasserläufen sammelt, gelingt es Palmen und kleineren Bäume zu überleben.

Kasbah Telouet

Eine Landstraße führt östlich der gut ausgebauten P1506 durch das Tal des Oued Ounila nach Telouet. Das zinnenbewerte Dar Glaoui liegt auf 1870m Höhe und war einst der Herrschaftssitz eines der mächtigsten Berberfürsten, der Familie des El Gloui Clans. Von hier kontrollierte der Pasha Thami El Gloui zwischen 1879 und 1956 die Handelswege und stieg während der Protektoratszeit zum mächtigsten Verbündeten der Franzosen auf. Von dem reich im maurischen Stil verzierten Räumen blieb nach dem Ende der Besatzung wenig übrig, denn der marokkanische Staat verwendet kein Geld für den Erhalt der ehemaligen Residenz. Seit dem letzten Erdbeben sind die Reste der Gebäude einsturzgefährdet und aus diesem Grund für Besucher gesperrt. Das hält uns jedoch nicht ab, den Weg, zumindest innerhalb der Absperrungen, für ein paar Fotos zu suchen.

Nur noch wenige Kilometer kurvenreiche Landstraße trennen uns vom Tizi ’n Tichka. Die Fahrt dorthin ist kurzweilig, denn die mehrfarbigen Bergrücken sowie die dunklen, rostbraunen am Berghang klebenden Lehmhäuser wecken unser Interesse, so dass es wieder mehrere Fotostopps auf der Strecke gibt. Auch hier, wie im ganzen westlichen Teil des Hohen Atlas, treffen wir immer wieder auf, von herabgestürzten Berghängen, geräumte Straßenabschnitte.

Tizi ’n Tichka

Die einstmalige traumhafte Serpentinenstraße, wurde in den letzten Jahren zum Teil mehrspurig ausgebaut, wie es derzeit am Tizi ’n Test der Fall ist. Die Reste der verbliebenen alten Straße zeugen von den zahlreichen Passkehren, die nun für den schnellen Durchgangsverkehr mit Überholspur begradigt wurden.
Wieder geht ein Stück Autofahrerromantik verloren – das faszinierende Panorama bleibt.

Nördlich vom Pass mit 2260 Metern liegen bewirtschaftete Terrassenfelder und kleine Ansiedlungen neben der in sanften Kehren bergabführenden Straße. Auf den Nationalstraßen ist Marrakesch rasch nördlich umfahren und wir gelangen ohne Stau erneut an den Campingplatz Le Relais. Man kennt uns, so dass wir keine erneuten Fich‘, d.h. Formulare zur Person und Auto, ausfüllen müssen.

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