Für den Weg in den Anti-Atlas im Südwesten Marokkos vermeiden wir die Autobahn und wählen die Nationalstraße N7. Der Anti-Atlas ist von steil aufragenden Granitwänden und fast vegetationslosen Steinwüsten, Hamada genannt, geprägt. Zwischen den Bergen finden sich fruchtbare Oasentäler und nur wenige kleine Städte. Meist sind es nur kleine Oasensiedlungen die an Berghängen kleben oder sich in Nischen zwischen den Bergrücken breit machen.

Die Nationalstraße führt vorbei an Asni und einem größerem Stausee. Es ist Sonntag und viele Marokkaner picknicken in den Olivenhainen entlang der Straße. So auch an diesem Stausee. Wir begeistern uns für den Platz am See und bleiben über Nacht hier ungestört stehen.
Pass-Baustelle N7
Am nächsten Morgen fahren wir nichts ahnend in die vor uns liegende Baustelle. Diese zieht sich ca. 20-25 Kilometer entlang des Oued Nfiss. Hier wird mit richtig schwerem Gerät der massive Fels zur Rechten abgetragen, denn links ist das tiefer liegende Flussbett. Das Vorankommen kommt mehrmals zum Stillstand, bis die zwischendurch einspurige Straße, von den Straßenarbeitern freigegeben wird. Bagger stemmen mit ihren Presslufthammern Stein um Stein aus der Felswand um es anschließend auf die bereitstehenden LKWs zu verladen. Während der Abbruch- bzw. Verladearbeiten möchte man auch nicht wirklich in knappen Abstand an den Baumaschinen vorbei fahren. So warten alle geduldig bis eine Fahrspur freigegen wird.
Tizi ’n Test
Nach der wirklich langen Baustellenpassage gelangen wir endlich zum 2093 m hohen Gebirgspass, dem Tizi ’nTest. Auch hier wird zwischendurch die Straße verbreitert, was aber schon weit fortgeschritten ist und kein wirkliches Hindernis darstellt.
Das gesamte Test-Tal liegt nahe dem Epizentrum des Erdbebens im September 2023. Ouirgane und insbesondere Ijoukak wurden dabei schwer beschädigt, fast 3000 Menschen sind umgekommen und in den genannten Orten stehen nur noch wenige Häuser. Teilweise gibt es erste Anfänge von Neubauten, aber viele der Überlebenden wohnen noch in Zelten, manche auch in Containern.

Taroundant
Taroundant ist eine Oasenstadt in der Souss-Ebene im westlichen Südmarokko. Der Ort ist für seine gut erhaltene, aus Stampflehm errichtete Stadtmauer bekannt. Die acht Meter hohe, zinnenbewehrte Mauer, aus dem 16. Jahrhundert, umschließt noch fast vollständig die Altstadt. An fünf Stadttoren gelangt man in die Medina mit einem gedeckten Souk. Auffallend viele Bäckereien bzw. Patisserien mit sehr gutem Baguette und süßen Teilchen gibt es hier. Am zentralen Place Alouine, nahe der Moschee, trifft sich Alt und Jung unter alten Platanen oder in einem der zahlreichen Cafes und Restaurants die den Platz umgeben. Alles läuft hier recht beschaulich, der Dorfpolizist hält einen Plausch, Leute flanieren auf und ab, Geschichtenerzähler scharen Neugierige um sich.
So chillig der Nachmittag und Abend ist, so laut wird die Nacht und der Morgen. Wir übernachten auf einem bewachten Stellplatz innerhalb der Stadtmauern wie in Meknes, Fes und Marrakesch. Leider ist Taroundant eine überwiegend arabisch geprägte Stadt, so dass nach dem üblichen Abendlärm zwar Ruhe einkehrt, aber so gegen 5 Uhr morgens drei Muezzine unabhängig voneinander sich lautstark beim Ruf zum Morgengebet gegenseitig zu übertrumpfen versuchen. Alle Hähne und Schafe in der näheren Umgebung sehen das als Zeichen, sich ebenfalls an der Kakophonie zu beteiligen ohne sich aber in der darauf folgenden Stunde wieder zu beruhigen. Ziemlich gerädert beenden wir die Nacht. Ich kaufe noch frisches Brot in der Medina und wir verlassen müde und fluchtartig die Stadt. Gefrühstückt wird weit außerhalb jeglicher Ansiedlung unter Arganbäumen.












Agadir Tizourgane
Auf einem Hügel in flacher Landschaft liegt ein, von einer Wehrmauer umgebenes Ksar. Dieses diente als Speicher für Getreide und zugleich als Zufluchtsort wenn raubende Nomaden aus den südlichen Nachbarländern die Anwohner bedrohten. Die ca. 50 Häuser sind gut zu verteidigen und schonen den fruchtbaren Boden in den Tallagen sowie an den – ehemals terrassierten und landwirtschaftlich genutzten – Berghängen.














Tal der Ammeln
Bevor das Tal der Ammeln, einem Tal in dem vier Berberstämme ansässig sind, erreicht ist, halten wir an der Passhöhe der R104 und überblicken das Panorama der umliegenden Granitberge. Je länge wir dort Pause machen, um so mehr stellt sich die Frage wozu weiterfahren. Wir sind autark und es gibt keinen Grund diesen wunderschönen Platz zu verlassen. Nach einer ruhigen und von Muezzinen ungestörten Nacht, nehmen wir am nächsten Morgen die letzten 15 Kilometer nach Tafraoute unter die Räder. Die Landstraße schlängelt sich auf schmaler und ausgefranster Teerdecke in Serpentinen entlang der Berge, an deren Hängen die Berber seit Hunderten von Jahren ihre Dörfer bauen.

Oumesnat
In Oumnesat, einem dieser Bergdörfer wollen wir ein ‚Maison traditionelle‘, d.h. ein altes Berberhaus am Vormittag besichtigen. Leider ist der Besitzer nicht vor Ort und für eventuelles stundenlanges Warten fehlt uns die Geduld.
Tafraoute
Heute ist der einmal in der Woche stattfindende Markt im Ort. Die Händler kommen aus der Umgebung und bieten allerlei Werkzeug, Schmuck und Trödel an. Die Frauen sind nahezu durchgängig in der landestypischen Tracht der Berberinnen, d.h. ein schwarzer Umhang mit bunten Bordüren, gekleidet. Das schwarze Tuch dient zudem als Kopf- und teilweise als Gesichtsbedeckung, aber nicht als Nikab, dem arabischen Gesichtsschleier der nur einen schmalen Spalt für die Augen frei lässt. Der Souk in Tafraoute ist klein und überwiegend auf die vor Ort von Hand gefertigten Babuschen ausgelegt. Um den großen Platz vor der Moschee schart sich eine Reihe von den üblich kleinen Läden die von Haushaltswaren bis zu kosmetischem Arganöl viele lokale Produkte zum Verkauf anbieten.
Wir verbringen nach dem Marktbesuch den restlichen Tag auf dem Campingplatz Granit Rose, der auch von Seabridge Reisen angefahren wird, aber nicht mehr so auf der Höhe der Zeit ist. Nicht nur an diesem Campingplatz müssen wir feststellen, dass die Sanitäreinrichtungen vernachlässigt oder defekt sind. Auch Mülltonnen sucht man häufig vergeblich. Es gibt andererseits eine Reihe von außerordentlich schönen und sauberen Campinganlagen.
Dar Haj Slimane Laalou
Die Reste einer Lehmsiedlung mit mehrstöckigen Gebäuden kleben zwischen den gewaltigen Granitblöcken. Die Häuser sind unweit unseres Campingplatzes Granit Rose und zu Fuß ist die kleine Ansiedlung rasch erreicht. Bewohnt ist der Ort allemal, da neue Häuser zwischen den alten Lehmbauten errichtet werden und eine neu gebaut aussehende Moschee vorhanden ist.
Palmerie von Tafraoute
Die Palmerie am Ortsausgang gefällt uns so gut, dass wir noch bevor es nach Ait-Mansour geht, dort frühstücken um am Abend hierher zurückzukehren. Am darauffolgenden Tag, hole ich im Ort frisches Baguette und die Weiterfahrt verschieben wir einfach um einen Tag. Niemand, auch kein Kalender, hetzt uns – wozu also so einen beschaulichen Ort verlassen.


Gorges Ait-Mansur
Bevor es etwa dreißig Kilometer südöstlich von Tafraoute in die Gorge Ait-Mansur geht, schraubt sich die einspurige Straße in engen Kehren auf 1690 m hoch. Zwischendurch sind kleine Tümpel zu sehen. Dies reicht aus um ein paar wenigen Büschen und kleinen Palmen die notwendige Flüssigkeit zum Überleben zu sichern.
Die Straße windet sich durch die Granitlandschaft des Anti-Atlas. Eine, wenn nicht die schönste Palmerie des südlichen Marokkos, taucht vor uns auf. Alles um uns herum ist plötzlich grün, hohe Dattelpalmen neigen sich über die noch immer einspurige Straße und so fährt man wie unter einem Baldachin durch die Oase. Das Auto stellen wir bei der ersten Möglichkeit ab und wandern zu Fuß weiter. Da es ganzjährig reichlich Wasser gibt, blüht Oleander und säumen Mandelbäume, Palmen sowie Olivenbäume den Wegesrand.
Links und rechts erheben sich die braun-grauen Felswände, neben der Straße fließt derzeit ein kleiner Bach. Dieser staut sich in kleinen Becken und wechselt hin und wieder, unter der Teerdecke, die Straßenseite. Dies gelingt nur durch die von den Bewohnen angelegten Röhren die beiden Seiten miteinander verbinden. Die massiven Einbettungen des Flussbettes durch Stein- bzw. Betonwände deuten darauf hin, mit welcher Wucht das Wasser bei Starkregen durch die Oase rauscht und alles was sich in den Weg stellt mitreißt.
Afella Ighir
Wir folgen dem Panoramaweg bis Afella Ighir um von dort in einem weiten Bogen zurück Richtung Tafraoute zu fahren. Die anfänglich überraschend gute Teerdecke wird plötzlich schmal und ausgefranst. Vereinzelte Schlaglöcher werden immer häufiger, bis die Teerdecke gänzlich verschwindet. Die Piste führt durch zahlreiche Wadis, d.h. betonierte Flussdurchfahrten was nicht weiter stört, da alles trocken ist. Es sieht nach teilweisen massiven Hochwasserschäden und zwischenzeitlich abgeräumten Erdrutschen aus. Die Piste verengt sich urplötzlich auf Fahrzeugbreite, links die Felswand, rechts die Abbruchkante mit dem ca. 20 Meter tieferliegenden Flussbett, so dass Christine aussteigt um mich an einer kritischen Engstelle zwischen Fels und Abgrund vorbei zu loten.
Tagdicht
Unmittelbar vor dem Ort Ougmass zweigt rechts eine Seitenstraße ab, die in steilen Kehren auf 1463 Meter nach Tagdicht führt. Als es enger und steiler wird, geht die Teerstraße in eine betonierte Piste über, welche in engen Haarnadelkurven bis in den Ort führt. Erst vor der Moschee, gibt es die erste Möglichkeit zum Wenden. Was waren wir froh, dass uns kein Auto auf der Piste sondern erst im Ort entgegen kam. Tagdicht ist der Ausgangspunkt zur Besteigung des Jebel Lekst. Der Rückweg gestaltet sich spannend, da ich in den ersten vier Kehren umsetzen, d.h. das Womo zurücksetzen, muss, um die engen Kurven zu meistern.









Die Oasen sehen super aus. Bei den „Straßen“ braucht Du schon sehr viel Abenteuerlust..🫣